Die Kirche steht momentan wahrlich unter Druck. Zu viele Skandale werden öffentlich diskutiert und es wird deutlich, dass die Kirche sich vielen wichtigen Aufgaben in der Vergangenheit nicht gestellt hat.

In einem undurchsichtigen System – wie es scheint in sich geschlossen und ganz auf Struktur und Macht abgestellt – wird Kritik nicht offen aufgenommen und diskutiert, sondern – ebenfalls allzu häufig – auf die Hierarchie, die heilige Ordnung verwiesen. Ein solches System, gepaart mit Ritus und Religiösem liefert dann Faszination, wenn spannende Drehbücher und Stories für Thriller gesucht werden. Von außen betrachtet und von außen kommentiert, ist ein solches System an sich hermetisch, abgeschlossen und damit weltabgewandt.

Und ein solches System wird umso mehr hinterfragt, umso mehr Kommentierungen aus einer Gesellschaft kommen, die säkularer wird. Und das nicht allein deshalb, weil es weniger Kirchenmitglieder gibt. Noch ist es ja durchaus so, dass in Bayern z.B. über 50% der katholischen Kirche angehören. Wenn also Fragen laut diskutiert werden und auch Rat- und Verständnislosigkeit um sich greifen, dann sind es nicht nur die außerhalb, sondern eben auch innerhalb.

Ich merke, während ich die Zeilen schreibe, dass sie das ausdrücken, was in jeder x-beliebigen Zeitung steht oder in jeder x-beliebigen Sendung, wenn der nächste Missbrauchsskandal oder Finanzskandal oder was auch immer öffentlich wird.

Es gibt sie: die Kirche in der Demokratie gelebt wird!

Dabei habe ich auch etwas anderes erlebt. Etwas, was ich erst in den letzten Jahren so richtig begreife und was mich auch zunehmend fasziniert. Und was so gar nicht einfach gemalten Klischeebildern entspricht: Eine Kirche der Freiheit, sich konsequent abmühend auf das richtige Verständnis der Botschaft Jesu, einer guten Botschaft, die nicht erst mit Ostern beginnt. Und bei aller Hierarchie: Ich habe eine Kirche erlebt, die es zulässt, dass Demokratie gelebt wird und die es aushält, dass Jugendvertreter_innen, die gewählt sind, die dafür sogar bei der Kirche angestellt sind, Meinungen vertreten und ihren Teil dazu beitragen, dass die gute Botschaft immer wieder neu entdeckt und gelebt werden muss.

Und beide Seiten halten das Ringen aus. Auch ich habe das erfahren, und bin auch immer wieder verzweifelt in diesem Ringen. Ob ich also persönlich dem gerecht wurde, von dem die Kirche an anderer Stelle spricht, dass nämlich der Jugend das Charisma der Prophetie hat, mag ich nicht bewerten. Ich weiß allerdings, dass auch ich eine Herausforderung für so manchen Amtsträger war. Genauso wie sie für mich. Und doch – es wurde und es wird immer noch zugelassen.

Deshalb frage ich mich, warum dieser Geist der Freiheit so vergessen wird. Von ihm nicht erzählt wird. Und er nicht gelebt wird. Denn nach außen wahrnehmbar ist dieses andere, dieses weltabgewandt interpretierte Sein der Kirche. Die Kirche darf sich nicht einmauern, sondern sie muss von dem erzählen, was sie ausmacht. Diejenigen, die vermeintlich die Macht haben, müssen sich kritischen Fragen klarer stellen, und die anderen müssen sich auf Gespräche einlassen. Eine Kirche kann nach wie vor faszinierend und bei den Menschen sein. Es fängt bei ihr an. Ecclesia semper reformanda. [Lateinisch für: “Die Kirche muss immer reformiert werden.”]

Zum Autor des Gastbeitrags:
Matthias Fack ist Präsident des Bayerischer Jugendrings

Titelbild : Christine Limmer / In: Pfarrbriefservice.de


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