Aktiver Einsatz für Gottes Schöpfung – ein kirchliches Thema nicht erst seit heute…

Klimaschutz hat – in Deutschland im letzten Jahr v.a. forciert durch die fridaysforfuture und ihnen nahe stehender Erwachsenenorganisationen – aktuell Hochkonjunktur in der öffentlichen Wahrnehmung. Nicht zuletzt durch diesen Druck von der Straße sah sich die Bundesregierung Mitte September gezwungen, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimaschutzgesetz auch wirklich in den Bundestag einzubringen und dort zu verabschieden.

Es ist dabei nicht das erste Mal, dass die deutsche Öffentlichkeit die Klimakrise als wichtige Herausforderung begreift, und es ist auch nicht zum ersten Mal, dass sich kirchenleitende Personen ebenso wie katholische Räte und Verbände in diesem Zusammenhang öffentlich dazu positionieren. Diesen Teil der kirchlichen Zeitgeschichte der vergangenen ca. 40 Jahre in der gebotenen Kürze[1] in Erinnerung zu rufen, ist Thema des folgenden Beitrags.

Ein biographischer Einstieg: Als ich als frisch gewählter KjG-Pfarrjugendleiter 1989 auf meine erste Diözesankonferenz fuhr, war die Aktion „energisch wenden“, eine Kampagne zu alternativer Energiepolitik, in meinem Heimat-Diözesan­verband Eichstätt gerade ein knappes Jahr am Laufen; auf dem KjG-Bundesdelegiertentreffen Signale ’90 bildete „Schöpfung“ eines von vier Themenzentren; und auf der Website des KjG-Bundesverbands lautet unter der Rubrik „Geschichte der KjG“ der Eintrag zum Jahr 1992: „Die bundesverbandliche Aktion ‚Öko Kredit 2000‘ startet und es erscheinen Hefte zu den Themen Müll, Verkehr, Umwelt und Entwicklung, Energie sowie Ökologisierung vor Ort. Mit der Aktion wendet sich die KjG gegen Treibhauseffekt und tritt für einen bewussteren Umgang mit Ressourcen ein.“ – 1992!

Frühe (jugend)verbandliche kirchliche Auseinandersetzung

Die KjG ist dabei nur ein Beispiel für die vergleichsweise frühe (jugend)verbandliche kirchliche Auseinandersetzung mit dem Thema, damit aber auch der ökologischen Sozialisation einer ganzen Generation Jugendlicher und junger Erwachsener, eine Leistung, die mit die Grundlagen legte für das spätere gesellschaftliche „Mainstreaming“ von Umweltthemen. Dies aber erfolgte nicht im luftleeren Raum:

1989 fand in Basel die Erste Europäische Ökumenische Versammlung des sog. „Konziliaren Prozesses für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ statt.

1989 fand in Basel die Erste Europäische Ökumenische Versammlung des sog. „Konziliaren Prozesses für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ statt, über den die Ökologie in die Kirchengemeinden kam, „Schöpfung“ war eines der kirchliche Identität stiftenden Themen in der Spätphase des DDR-Diaspora-Katholizismus, und gesamtgesellschaftlich war die gut zehn Jahre zuvor gegründete Partei „Die Grünen“ als „politische Heimat der Ökothemen der frühen Jahre“ seit 1983 im Bundestag und von 1985-87 in einer ersten Koalition auf Landesebene.

Die Zukunft der Menschen braucht die Zukunft der Schöpfung!

Für das kirchliche Lehramt des deutschen Sprachraums war das Papier „Zukunft der Schöpfung – Zukunft der Menschheit“ aus dem Jahr 1980[1] – ein Dokument, das sich mit fast 40 Jahren Abstand auch heute noch eindringlich-prophetisch in seinen Aussagen liest – der Start zu einer immer vertiefteren und in immer kürzeren Abständen erfolgenden Auseinandersetzung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) mit schöpfungstheologischen, mitweltethischen und umweltpolitischen Fragestellungen. Das aktuellste diesbzgl. Papier, die „Zehn Thesen zum Klimaschutz“ vom Januar 2019 haben dabei das erklärte Ziel, der klimapolitischen Diskussion in Deutschland nach der Bundestagswahl 2017 und vor dem Hintergrund der Beschlüsse des Pariser Klimaabkommens von 2015 einen neuen Impuls zu geben.

Auch wenn seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre von Bayern ausgehend sukzessive in immer mehr deutschen Bistümern diözesane Umweltbeauftragte ernannt wurden, und auch wenn es eine im Lauf der Jahrzehnte immer stärkere lehramtliche Befassung mit Schöpfungs-Themen gab, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich dabei um einen alles andere als konfliktfreien Prozess handelte, der mit erheblichen inner- wie außerkirchlichen Widerständen und Rückschlägen einherging. So recht ist „Schöpfungsverantwortung“ als systematischer Bestandteil der kirchlichen Soziallehre erst seit Papst Franziskus‘ Enzyklika „Laudato Si‘“ (2015) unwidersprochen gesetzt, erst seitdem ist weithin akzeptiert, dass Schöpfungsverantwortung zum Kern christlicher DNA gehört.

Schöpfungsverantwortung“ als systematischer Bestandteil der kirchlichen Soziallehre ist erst seit Papst Franziskus‘ Enzyklika „Laudato Si‘“ (2015) unwidersprochen gesetzt.

Als direkte Konsequenz der Enzyklika sind die zehn „Handlungsempfehlungen zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung für die deutschen (Erz-)Diözesen“ zu sehen, die die DBK 2018 einstimmig unter dem Titel „Schöpfungsverantwortung als kirchlicher Auftrag“[1] beschlossen hat. Diese zehn Empfehlungen, über deren Umsetzung in den Bistümern mit dafür notwendigen Mandaten und Ressourcen sich die Bischöfe regelmäßig Bericht erstatten wollen, verstehen Schöpfungsverantwortung als kirchliche Querschnittsaufgabe, die sich in der Verkündigung und der Feier der Gottesdienste ebenso niederschlagen muss wie in kirchlich verantworteter Bildung für nachhaltige Entwicklung für und mit allen Altersstufen. Vier Empfehlungen adressieren darüber hinaus das eigene Verwaltungshandeln: Bau und Gebäudebetrieb, nachhaltiges Wirtschaften (z.B. Beschaffung und Finanzanlagen), Kirchenland, und Mobilität.

Und: Kirche soll weiterhin öffentlich ihre gesellschaftspolitische und internationale Verantwortung wahrnehmen. Damit haben die Bischöfe ein sehr konkretes Handlungsprogramm für ihre Bistümer entworfen, das sich u.a. am eigenen Ziel der Klimaneutralität „so früh wie möglich, spätestens bis 2050“ (vgl. o.g. „Zehn Thesen zum Klimaschutz“) wird messen lassen müssen. Die faktische Situation diesbezüglich in den Bistümern ist sehr heterogen, aber selbst in denen, wo im überdiözesanen Vergleich Viel passiert, ist hier noch sehr viel Luft nach oben, oder, wie es ebenfalls in den „Zehn Thesen“ heißt: „Es braucht eine Intensivierung, Ausweitung und Beschleunigung kirchlichen Klimaschutzengagements.“ (a.a.O., S. 26f.)

Mit Einzelmaßnahmen ist es nicht getan.

Um was es Kirche seit knapp vierzig Jahren dabei immer geht, machte Kardinal Marx zuletzt bei der Jugendkorbinianswallfahrt 2019 deutlich: „‚Es geht darum, den Schrei der Armen zu hören und den Schrei der Schöpfung. Das gehört zusammen‘. Es gelte neu zu lernen, ‚was es heißt, in einem Haus der Schöpfung zu wohnen, das allen gehört‘. Entsprechend sei es auch mit Einzelmaßnahmen wie der Einführung einer CO2-Steuer nicht getan. ‚Es geht um eine Veränderung der Perspektive.‘“

Autor des Gastbeitrags:

Mattias Kiefer – Sprecher der AG der Umweltbeauftragten der deutschen (Erz)Bistümer.

Oberpfälzer, Ende der 1980er bis Anfang der 1990er aktiv im KJG-/BDKJDiözesanverband Eichstätt, „Friedensdienst im Ausland“ in Dublin & Belfast, Studium der Philosophie und kath. Theologie in München und Paris, Leiter der Abteilung Umwelt des Erzbischöflichen Ordinariats München und Sprecher der AG der Umweltbeauftragten der deutschen (Erz)Bistümer (AGU).

ERZBISCHÖFLICHES ORDINARIAT MÜNCHEN
Postfach 33 03 60 – 80063 München – umweltbeauftragter@eomuc.de


[1] vgl. ausführlich: Kiefer M. / Vogt, M., Nachhaltigkeit in Solidarität und Gerechtigkeit. Die Antwort der Kirchen in Deutschland, in: Krämer, K. / Vellguth, K. (Hg.), Schöpfung. Miteinander leben im gemeinsamen Haus, Freiburg: Herder 2017, 222-234.

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