Ich bin wütend auf Papst Franziskus – zum ersten Mal in meinem Leben. Und enttäuscht von diesem sensiblen und intelligenten Mann, der mit seinem unkonventionellen Auftreten und  seinen von ihm einberufenen Synoden so viel Schwung in meine katholische Kirche gebracht hat. Nicht aber im nachsynodalen Schreiben Querida Amazonia.

Und auch wenn es bei der Amazonien-Synode um das andere Ende der Welt ging, habe ich mir vom nachsynodalen Schreiben Querida Amazonia frischen Wind auch für unsere Kirche  in Deutschland gewünscht.

Und dann das: Ein nachsynodales Schreiben mit vielen schönen Worten und durchaus eindrücklichen und konkreten Ansagen in Sachen Ökologie und nachhaltige Entwicklung.

Aber kein Wort zum Wunsch der Synode nach viri probati und ein Frauenbild, das für alle, die sich für eine gleichberechtigte Kirche einsetzen, ein Schlag ins Gesicht ist.

So groß waren die Erwartungen gar nicht.

Nicht, dass ich erwartet hätte, dass wir gleich morgen verheiratete Männer zu Priester weihen, nicht dass ich damit gerechnet hätte, mit diesem Schreiben würde das Frauenpriestertum weltweit eingeführt.

Aber ein klein wenig Aufbruchstimmung hätte mir gut getan. Und die Zulassung von viri probati in Amazonien wäre ein solches kleines Zeichen gewesen. Ein Zeichen, dass sich meine katholische Kirche doch bewegt. Dass sie sich immer wieder bemüht, Kirche in der Welt von heute zu sein. Von einem Ball, den die Synode dem Papst vors Tor gelegt hat und den er nur noch hätte hineinschießen müssen, schreibt der deutschstämmige brasilianische Theologe und Synodenteilnehmer Paulo Suess.

Er hat es nicht getan. Stattdessen lese in den entsprechenden Passagen viele geschwurbelte und gedrechselte Sätze über „Gemeinschaften voller Leben“ und die „Kraft und Gabe von Frauen“.

Je länger und öfter ich den Text lese, umso wütender werde ich. Was eiert der Papst hier herum? Was will er uns mit diesen gekünstelt wirkenden Sätzen sagen?

Ein bisschen mehr wäre schon möglich gewesen.

Geht es nicht ein wenig direkter und ein wenig mutiger? Für was haben wir Katholik*innen einen Papst? Mit Franziskus sogar einen, der bei anderen Themen wie der Bewahrung der Schöpfung sehr deutliche Worte findet! Ein Papst, der sich mit solchen Ansagen nicht nur Freunde macht, ja der sich mit den entsprechenden Passagen in Querida Amazonia Brasiliens Staatspräsident Bolsonaro wohl für Lebzeiten zum Feind gemacht hat!

Was hält einen solchen Mann zurück, sich mit ein paar ewig-gestrigen, machtversessenen und ängstlichen alten weisen Männern in Rom und anderswo anzulegen und die Kirche mit kleinen, aber mutigen Schritten für die Gegenwart zu öffnen?

Eine Ermutigung für den synodalen Weg in Deutschland, wie von vielen wohlmeinenden Kommentator*innen beschworen, sehe ich in Querida Amazonia nicht. Eher eine schallende Ohrfeige.

Wer sich selbst ein Bild machen will, findet das Schreiben Querida Amazonia hier.